In Urkunde vom 4.10.1510, auf die sich die Kietzer später immer wieder berufen konnten, ließ der Bischof beim Kurfürsten die Rechte der Kietzer Fischer verbriefen: "...daß dieses Fischereirecht den 17 piscatores vom Kietz Lebus ganz und allein innerhalb der Grenzen des Bistums zustehen, ewig und ungehindert behalten und besitzen sollen vor je-den anderen die Länge und die Quere auf der Oder die Fischerei auszuüben, wohin sich auch die Fische hinziehen mögen, in die Löcher, Lanken und Laken der Oder. Außerdem sollte derjenige, der die Fischerei der Kietzer behindere oder gar streitig machen will, mit 500 "guldin" bestraft werden.
Dieser Rechtszustand auf der Oder, noch einmal 1589 durch den Landesherren in einem Schiedsspruch verbrieft zuerst auch eingehalten, wurde jedoch dann zunehmend durch die Fischer aus Frankfurt (Oder) in Frage gestellt. 1576 hatte der Frankfurter Rat verfügt, daß die piscatores aus Lebus am Stadttore für Fische, die sie in der Stadt verkaufen wollten, Steuern zahlen sollten. Aus den Jahren 1592/92 wird ua. ein Vorfall berichtet, dass die Frank-furter Fischer verbotene Fischerei ausgeübten und dafür ins Gefängnis kamen.
1619 setzten die Niederschriften des ältesten überlieferten "Schöppenbuches" ein, aufgeführt sind: die Kietzer Grundstücke mit Namen der Besitzer, Erb- und Kaufurkunden. 1 Kietzer Grundstück kostete damals 100 Thaler.
Dann kam der 30-jährige Krieg mit all seinen Schrecken. Frankfurt machten aus der Not eine Tugend und setzte die schwedische Besatzungsmacht, die in der Stadt stand, für ihre Zwecke ein. Der schwedische Oberstleutnant Radicke zog mit einem Aufgebot schwedischer Soldaten nach Lebus, vertrieb die Kietzer und nahm ihnen ihre Netze weg. Die Fischereirechte der Kietzer wurden annulliert, zugleich hielt man ihnen bestimmt auch die inzwi-schen von Sebastian Stullinger gefälschte Abschrift des Dokumentes von 1510 vor. Offenbar war das echte den Kietzern nicht zugängig, oder galt als verloren. So wurden ihnen ihre Fischereirechte abgesprochen.
Die Frankfurter leiteten nicht nur ein Fischereiprivileg ihrer Fischerinnung her, sondern dehnten den Fischfang bis Lebus aus. Auf der Oder traten nun anarchische Zustände ein, die Kietzer werden wohl heimlich weiterge-fischt haben um ihren Unterhalt zu bestreiten; da sie kein Land besaßen, kam für sie jetzt eine schwere Zeit.
Die Kietz-Lebuser, und nur sie, schrieben 1687 eine Eingabe an den Kurfürsten, erreichten aber nur, daß die Frankfurter Fischer lediglich nur auf ein Durchfischrecht im "freien Oderstrom" bei Lebus beschränkt wurden, außerdem waren ihnen dazu nur vier benannte Fanggeräte erlaubt. Ausdrücklich wurde ihnen bei Strafe verbo-ten, die Ausbuchtungen der Oder, die Seen, die Löcher, Lanken und Laken des Flusses zu befischen.
Seit 1696 galten so auf dem gesamten Oderwasser bei Lebus nun 2 sich überschneidende Fischereirechte:
1. Recht der Kietzer zu Lebus auf der gesamten Oder, in ihrer vollen Breite kreuz und quer, von ei-nem Oderdamm bis zum anderen Oderdamm, mit Fischereifanggeräten ohne Ausnahme zu fischen.
2. Recht der Fischer zu Frankfurt nur auf dem freien Oderstrom zu fischen.
Man unterschied also: die Oder mit ihren gesamten Wassermengen, wozu alle "stillstehenden Wasseransamm-lungen", Altwasser, Teiche und Weiher) zählten und "dem freien Oderstrom", das ist die fließende Welle (der Schlauch der Oder). Das Fischereirecht war nun auch abhängig von der Definition des "freien Oderstromes".
Die o.g. Wasseransammlungen sind keine Nebengewässer der Oder, denn Nebengewässer müssten ihren eigenen Ursprung haben. Ursprung der o. gn. Wasserflächen ist aber nur "die Oder", von der sie auch immer wieder auf-gefüllt werden. Die Oder war bis zu ihrer Eindeichung ein Wildgewässer. Die Höhen des Sternberger Landes bildeten ihr rechtsseitiges Ufer und die Höhen der Lebuser Platte waren das linksseitige Ufer. Beide Ufer wa-ren in Lebus waren einst 1 Meile voneinander entfernt. Die gesamten Wassermassen der Oder wurden in diesem Gelände zwischen den beiden Höhen geführt, das war das Bett der Oder vor seiner Eindeichung. Bei fallendem Wasser bildeten sich nun in diesem Bette unzählige größere und kleinere Wasserläufe, die durchschnitten das Gelände durchschnitten. Ebenso sammelten sich in die Auskolkungen und anderen Vertiefungen des Flussbettes das zurückbleibende Wasser, das keinen weiteren Abfluß gefunden hatte, und bildeten "im Bett der Oder" die stillstehenden Wasserflächen, dieses sind Seen, Löcher, Laken, Lanken und Lachen.
"Unter dem 9.Okt. 1697 entscheidet der kurfürstliche Rat, daß die Kietzer zu Lebus ganz allein das Recht haben soll, die Löcher, Lanken und Lachen der Oder zu befischen." So ist auch d. Frankfurtern in ihrem eigenen Privileg lt. §§16 u. 24 bei Strafe verboten, in d. Ausgängen d. Oder den Löchern, Lanken u. Lachen Fische zu fangen. Auch werden sie durch d. Entscheidung vom 9.10.1697 ihr Privileg zurückgewiesen, wonach sie die Fischfang über die Stadt-grenze nur auf dem freien Oderstrom u. nur mit 4 bestimmten Fischereigeräten ausüben dürfen: 1. Die Briese, 2. Weitgarn o. Treibgarn, 3. Setzwade oder Laufwade, 4. der Schmietzangel oder Nachtschnur (Aalschnur genannt)
Dieses Definitionsproblem erhielt zusätzlich Brisanz mit Eindeichung und Generalseparation.
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